Die Erde ist eine Scheibe! Oder?
Und um die Erde dreht sich die Sonne und die Sterne, das macht die Erde zum Zentrum der Welt. Und der Mensch ist die Krone der Schöpfung, drüber steht nur Gott der Allmächtige, der das alles erschaffen hat!
Antiquierte Ansichten, die, Gallilei und Kopernikus sei Dank, keiner mehr ernsthaft in Erwägung zieht? Und doch ist die Kopernikanische Wende im menschlichen Denken noch lange nicht vollzogen. Wenn man das „Geschehen“ in den Medien verfolgt, wenn man schaut, worum es in der Politik geht, wenn man den „Hassel um die Knete“, Stichwort Finanzmärkte beobachtet: Der Mensch ist – immer noch – das Zentrum der Welt!
Eine Frage der Perspektive, sicher! Schließlich betrachtet jeder die Welt von sich aus, aus den eigenen Augen heraus . . . und doch führt diese Perspektive zu einem eingeschränkten und damit eben auch falschem Bild von Welt, und führt auch zu den ganzen Problemen, die uns ständig am Rand der Katastrophe halten, frei nach dem Motto: „Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir zwei Schritte weiter!“ ;-}
Wir sind – sowohl im persönlichen wie auch allgemein menschlichen Maßstab – immer die Ursache unserer eigenen Probleme. Was Not tut, ist eine Betrachtung der Welt aus einer anderen Perspektive, der wahlweise Wechsel des Standpunkts, sich selbst und den Menschen „an sich“ ;-} auch mal von außen zu betrachten, um zu neuen Erkenntnissen, einem neuen Bild zu kommen von der Welt, auch vom Menschen, und am Ende vielleicht die Frage zu stellen, um die sich die moderne Welt so gerne herumdrückt, die Frage nach dem SINN . . .
Ein Hebel (des Archimedes), mit dem man diese menschzentrierte Welt aus den Angeln heben kann, ist die Zeit . . . und das Vergehen von Zeit, und damit verbunden die Vergänglichkeit . . . 13,7 Milliarden Jahre alt ist diese Welt, nach dem, was wir davon wissen. 13,7 Milliarden Jahre, 13.700.000.000 Jahre sind 13,7 mal Tausend mal Tausend mal Tausend Jahre. So lange ist also die Ewigkeit – bis jetzt!!! Merkt euch dieses „bis jetzt!!!“, denn „vorwärts“ gehts mindestens genauso weit!
Der Mensch, wie wir ihn kennen, taucht vor ca 160 Tausend Jahren auf, Geschichte im kulturellen Sinn macht er seit rund 7 Tausend Jahren, wenn wir den christlichen Glauben mal als Basis unserer westlichen Kultur nehmen (im Bedarfsfall kann jeder seine eigene Religion einsetzen und das Ganze dann umrechnen) reden wir gerade mal von 2 Tausend Jahren.
Ein menschliches Leben läßt sich bis auf wenige Ausnahmen mit einer zweistelligen Zahl ausdrücken, ohne Garantie, denn es kann schon sehr apprupt mit oder sogar vor der Geburt enden. Es kann jederzeit enden, nicht morgen, heute, vielleicht schon in der nächsten Sekunde . . .
Wenn wir also unsere menschliche Lebenzeit und besonders unsere eigene, persönliche Lebenzeit in Relation setzen zu der Zeit, die diese Welt, dieses Universum auf dem Buckel hat, dann hat das Konsequenzen für unser Bild von Welt und unsere Rolle in dieser Welt . . . die Dinge, die uns und unsere Welt normalerweise so umtreiben, sehen dann plötzlich so . . . winzig aus.
Und das ist wohl auch Grund, wieso zumindest wir in unserer westlichen Welt uns so ungern mit der Zeit (in dieser Dimension) beschäftigen. Es gibt kein Mikroskop, das diese Größenunterschiede überbrücken kann.
Um dem Ganzen noch ein Sahnehäubchen aufzusetzen: Die Räumlichen Dimensionen finden ihre Entsprechung in der zeitlichen Dimension. Wenn wir uns mal vorstellen, daß das Licht in einer Sekunde an die 300 Tausend Kilometer zurücklegt, dann ist das in einer Stunde, in einem Tag, in einem Jahr . . . aha! . . . und das Ergebniss dann mal 13,7 mal Tausend mal Tausend mal Tausend. Kilometer. So groß ist also unser Universum, bis jetzt! Denn es wächst immer noch . . . und unsere Erde befindet sich in einem Sonnensystem ziemlich am Rand einer Galaxie unter Milliarden von Galaxien, und unsere Astronomen und Physiker diskutieren ernsthaft die Möglichkeit von parallelen, weiteren Universen . . .
Man könnte nun der Meinung sein, daß aus diesem Grund die Beschäftigung mit dem Thema nicht hilfreich ist. Daß das mit unserem „realen“ Leben nichts zu tun hat und uns in diesem „realen“ Leben deswegen nicht weiterhilft. Also weg mit den Hirngespinsten und weiter wie gehabt!?
MMnn!!! (Meiner Meinung nach nicht!!!).
Welche Realität kann ein Leben haben, das sich um die größte aller Realitäten, der eigenen Winzigkeit im Verhältnis zu den zeitlichen und räumlichen Dimensionen unseres Universums herumdrückt? Welchen Sinn? Welche Relevanz kann ein politisches System, eine Philosophie, eine Religion, Kunst und Kultur, soziales Engagement, die Erklärung der Menschenrechte, kann unser eigenes Leben haben, wenn diese Erkenntnis ausgeblendet wird?
Ich möchte da nicht mißverstanden werden. Ich will ganz bestimmt nicht sagen, daß das das (individuelle oder auch allgemeine) menschliche Leben winzig und irrelevant ist. Aber es kann seine Relevanz und seinen Sinn nur in Bezug zu diesem Universum und dem Bewußtsein der eigenen Größe im Verhältnis zur Größe dieses Universums finden.
Und wenn man sich einmal angewöhnt hat, diese Welt in beiden Perspektiven zu sehen, mal vom Innen, vom Menschen aus, mal vom Aussen, vom Ganzen her, dann verschieben sich die Wertigkeiten. Das Bewußtsein der eigenen Endlichkeit kann schon mal dazu führen, daß das Betrachten von Sonnenauf- und Untergängen, vom Wind in den Bäumen, oder vom Rollen einer Welle wichtiger ist als der Dax, der neueste Hit, oder eine wie immer geartete Karriere.
Und nochmal gegen das Mißverständnis: Es ist nicht der winzige kleine Mensch alleine in diese Welt geworfen, der traurig vor sich hinvegetiert. Es gibt das Glück (und auch Spaß), und sogar sowas wie Ewigkeit. Es liegt in der Identifikation, mit dem Mit-Menschen genauso wie mit dem Ganzen, mit dem Universum.
Uuuups, das ist jetzt schon wieder erklärungsbedürftig! Aber nicht mehr heute! ;-}
Wird fortgesetzt . . .
* zum Titel ~ der stammt aus einem Gedicht von Ernst Jandl
Eine Anmerkung zum Schluß ~ dieser Artikel ist direkt übernommen aus meinem Blog Notizen aus der Außenwelt, geschrieben im August 2011.